Konjunkturprognose: Deutsche Wirtschaft tritt auf der Stelle

26. September 2023
  • Gedrückte Wachstumsaussichten
  • Geldpolitik wirkt, Inflation dennoch nach wie vor zu hoch 
  • Kritik an Überlegungen, die Mindestreserve zu erhöhen

Die Chefvolkswirte der privaten Banken erwarten, dass die deutsche Wirtschaft in den kommenden Monaten nicht vom Fleck kommt. „Wir rechnen in Deutschland für das zweite Halbjahr 2023 mit einem geringfügigen Rückgang der Wirtschaftsleistung. Im Jahresdurchschnitt wird das Bruttoinlandsprodukt damit um 0,5 Prozent sinken. Das liegt auch an einer noch anhaltenden Schwächephase der Weltwirtschaft“, sagt Heiner Herkenhoff, Hauptgeschäftsführer des Bankenverbandes, mit Blick auf die Herbstprognose der privaten Banken. 

„Der Herbst wird schwierig. Erst im Laufe des kommenden Jahres dürfte die Wirtschaft allmählich wieder an Fahrt gewinnen. Der robuste Arbeitsmarkt und der private Konsum sind dafür zwei Hoffnungsträger.“ Zwar wirke die Geldpolitik. Doch aktuell werde die Kaufkraft der privaten Haushalte noch stark von der zu hohen Inflation gedämpft. Diese Belastung werde nur langsam nachlassen. „Im nächsten Jahr erwarten wir eine Preissteigerungsrate von 3 Prozent, das ist immer noch zu hoch“, so Herkenhoff.

Was allerdings nicht gegen zu hohe Preise helfe, seien Überlegungen, die Mindestreserve zu erhöhen. „Eine höhere, unverzinste Mindestreserve wirkt wie eine Steuer auf Bankeinlagen. Damit haben die Banken weniger Spielraum, um den Sparern höhere Zinsen anzubieten“, kritisiert der Chef des Bankenverbandes. Bereits die Entscheidung der EZB, die Mindestreserve nicht mehr zu verzinsen, werde in den kommenden zwölf Monaten die Zinserträge der europäischen Banken um 6,6 Milliarden Euro reduzieren.

Unabhängig davon sei eine niedrige und positiv verzinste Mindestreserve zum Start der Währungsunion ganz gezielt festgelegt worden, um die internationale Wettbewerbsfähigkeit der Banken im Euroraum zu stärken. „Dieser Aspekt wird bei den aktuellen Überlegungen zur Mindestreserve völlig ausgeblendet“, so Herkenhoff. 

Die Konjunkturprognose des Bankenverbandes wird halbjährlich durchgeführt und beruht auf einer Umfrage unter den 15 Chefvolkswirten privater Banken, die Mitglieder des Ausschusses für Wirtschafts- und Währungspolitik sind. 

Präsentation zur Konjunkturprognose:
 

Heute um 12 Uhr stellen der Ausschussvorsitzende Holger Schmieding und Heiner Herkenhoff, Hauptgeschäftsführer des Bankenverbandes, im Livestream „Konjunkturausblick der privaten Banken: Deutsche Wirtschaft in der Schwächephase“ die Herbstprognose vor. Den Livestream können Sie hier verfolgen.

Mitglieder des Ausschusses sind:

Dr. Holger Schmieding, Chefvolkswirt, Berenberg, und Ausschussvorsitzender

Dr. Klaus Bauknecht, Chefvolkswirt, IKB Deutsche Industriebank

Daniel Bleiberg, Chefvolkswirt, Deutsche Pfandbriefbank 

Dr. Jan Bottermann, Chefvolkswirt, National-Bank

Carsten Brzeski, Chefvolkswirt, ING-DiBa

Dr. Felix Hüfner, Chefvolkswirt Deutschland, UBS Europe

Carsten Klude, Chefvolkswirt, M.M. Warburg

Dr. Jörg Krämer, Chefvolkswirt, Commerzbank 

Dr. Alexander Krüger, Chefvolkswirt, Hauck Aufhäuser Lampe Privatbank

Carsten Mumm, Chefvolkswirt, Donner & Reuschel 

Dr. Andreas Rees, Chefvolkswirt Deutschland, Unicredit Bank

Dr. Cyrus de la Rubia, Chefvolkswirt, Hamburg Commercial Bank

Stefan Schilbe, Chefvolkswirt Deutschland, Leiter Economic Resarch Deutschland, HSBC Deutschland

Stefan Schneider, Chief German Economist, Head of German Macroeconomics, Deutsche Bank

Dr. Dirk Schumacher, Senior European Economist and Managing Director, Natixis Zweigniederlassung Deutschland

Heiner Herkenhoff, Hauptgeschäftsführer, Bankenverband

Dr. Hilmar Zettler, Managing Director, Geschäftsbereichsleiter Bankenaufsicht und Einlagensicherung, Bankenverband

Volker Hofmann, Leiter Volkswirtschaft, Bankenverband

Prognoseübersicht

Deutschland

     
 Prognose 2022 2023 2024
 Bruttoinlandsprodukt  +1,8 -0,5 +0,3
 Konsumausgaben privater Haushalte  +3,9 -0,8 +0,7
 Konsumausgaben des Staates  +1,6 -2,8 +1,6
 Ausrüstungsinvestitionen  +4,0 +2,8 +1,6
 Bauinvestitionen  -1,8 -1,0 -0,8
 Exporte  +3,3 0 +1,5
 Importe  +6,6 -0,9 +2,3
 Entwicklung der Verbraucherpreise  +6,9 +6,0 +3,0
 Zahl der Arbeitslosen (Millionen) 2,42 2,58 2,59
 Sparquote der priv. Haushalte 11,1 11,1 10,8


Euroraum

     
Prognose 2022 2023 2024
Bruttoinlandsprodukt  +3,4 +0,5 +0,6
Entwicklung der Verbraucherpreise  +8,4 +5,7 +3,0
Kerninflation +3,9 +5,1 +2,9
Arbeitslosenquote 6,7 6,7 6,8

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