Konjunkturprognose: Deutsche Wirtschaft tritt auf der Stelle
- Gedrückte Wachstumsaussichten
- Geldpolitik wirkt, Inflation dennoch nach wie vor zu hoch
- Kritik an Überlegungen, die Mindestreserve zu erhöhen
Die Chefvolkswirte der privaten Banken erwarten, dass die deutsche Wirtschaft in den kommenden Monaten nicht vom Fleck kommt. „Wir rechnen in Deutschland für das zweite Halbjahr 2023 mit einem geringfügigen Rückgang der Wirtschaftsleistung. Im Jahresdurchschnitt wird das Bruttoinlandsprodukt damit um 0,5 Prozent sinken. Das liegt auch an einer noch anhaltenden Schwächephase der Weltwirtschaft“, sagt Heiner Herkenhoff, Hauptgeschäftsführer des Bankenverbandes, mit Blick auf die Herbstprognose der privaten Banken.
„Der Herbst wird schwierig. Erst im Laufe des kommenden Jahres dürfte die Wirtschaft allmählich wieder an Fahrt gewinnen. Der robuste Arbeitsmarkt und der private Konsum sind dafür zwei Hoffnungsträger.“ Zwar wirke die Geldpolitik. Doch aktuell werde die Kaufkraft der privaten Haushalte noch stark von der zu hohen Inflation gedämpft. Diese Belastung werde nur langsam nachlassen. „Im nächsten Jahr erwarten wir eine Preissteigerungsrate von 3 Prozent, das ist immer noch zu hoch“, so Herkenhoff.
Was allerdings nicht gegen zu hohe Preise helfe, seien Überlegungen, die Mindestreserve zu erhöhen. „Eine höhere, unverzinste Mindestreserve wirkt wie eine Steuer auf Bankeinlagen. Damit haben die Banken weniger Spielraum, um den Sparern höhere Zinsen anzubieten“, kritisiert der Chef des Bankenverbandes. Bereits die Entscheidung der EZB, die Mindestreserve nicht mehr zu verzinsen, werde in den kommenden zwölf Monaten die Zinserträge der europäischen Banken um 6,6 Milliarden Euro reduzieren.
Unabhängig davon sei eine niedrige und positiv verzinste Mindestreserve zum Start der Währungsunion ganz gezielt festgelegt worden, um die internationale Wettbewerbsfähigkeit der Banken im Euroraum zu stärken. „Dieser Aspekt wird bei den aktuellen Überlegungen zur Mindestreserve völlig ausgeblendet“, so Herkenhoff.
Die Konjunkturprognose des Bankenverbandes wird halbjährlich durchgeführt und beruht auf einer Umfrage unter den 15 Chefvolkswirten privater Banken, die Mitglieder des Ausschusses für Wirtschafts- und Währungspolitik sind.
Präsentation zur Konjunkturprognose:
Heute um 12 Uhr stellen der Ausschussvorsitzende Holger Schmieding und Heiner Herkenhoff, Hauptgeschäftsführer des Bankenverbandes, im Livestream „Konjunkturausblick der privaten Banken: Deutsche Wirtschaft in der Schwächephase“ die Herbstprognose vor. Den Livestream können Sie hier verfolgen.
Mitglieder des Ausschusses sind:
Dr. Holger Schmieding, Chefvolkswirt, Berenberg, und Ausschussvorsitzender
Dr. Klaus Bauknecht, Chefvolkswirt, IKB Deutsche Industriebank
Daniel Bleiberg, Chefvolkswirt, Deutsche Pfandbriefbank
Dr. Jan Bottermann, Chefvolkswirt, National-Bank
Carsten Brzeski, Chefvolkswirt, ING-DiBa
Dr. Felix Hüfner, Chefvolkswirt Deutschland, UBS Europe
Carsten Klude, Chefvolkswirt, M.M. Warburg
Dr. Jörg Krämer, Chefvolkswirt, Commerzbank
Dr. Alexander Krüger, Chefvolkswirt, Hauck Aufhäuser Lampe Privatbank
Carsten Mumm, Chefvolkswirt, Donner & Reuschel
Dr. Andreas Rees, Chefvolkswirt Deutschland, Unicredit Bank
Dr. Cyrus de la Rubia, Chefvolkswirt, Hamburg Commercial Bank
Stefan Schilbe, Chefvolkswirt Deutschland, Leiter Economic Resarch Deutschland, HSBC Deutschland
Stefan Schneider, Chief German Economist, Head of German Macroeconomics, Deutsche Bank
Dr. Dirk Schumacher, Senior European Economist and Managing Director, Natixis Zweigniederlassung Deutschland
Heiner Herkenhoff, Hauptgeschäftsführer, Bankenverband
Dr. Hilmar Zettler, Managing Director, Geschäftsbereichsleiter Bankenaufsicht und Einlagensicherung, Bankenverband
Volker Hofmann, Leiter Volkswirtschaft, Bankenverband
Prognoseübersicht
Deutschland
Prognose | 2022 | 2023 | 2024 |
---|---|---|---|
Bruttoinlandsprodukt | +1,8 | -0,5 | +0,3 |
Konsumausgaben privater Haushalte | +3,9 | -0,8 | +0,7 |
Konsumausgaben des Staates | +1,6 | -2,8 | +1,6 |
Ausrüstungsinvestitionen | +4,0 | +2,8 | +1,6 |
Bauinvestitionen | -1,8 | -1,0 | -0,8 |
Exporte | +3,3 | 0 | +1,5 |
Importe | +6,6 | -0,9 | +2,3 |
Entwicklung der Verbraucherpreise | +6,9 | +6,0 | +3,0 |
Zahl der Arbeitslosen (Millionen) | 2,42 | 2,58 | 2,59 |
Sparquote der priv. Haushalte | 11,1 | 11,1 | 10,8 |
Euroraum
Prognose | 2022 | 2023 | 2024 |
---|---|---|---|
Bruttoinlandsprodukt | +3,4 | +0,5 | +0,6 |
Entwicklung der Verbraucherpreise | +8,4 | +5,7 | +3,0 |
Kerninflation | +3,9 | +5,1 | +2,9 |
Arbeitslosenquote | 6,7 | 6,7 | 6,8 |