Die Grundlage für ein erfolgreiches Working Capital Management ist die Liquiditätsplanung. Die Liquiditätsplanung stellt sicher, dass jederzeit genügend Finanzmittel vorhanden sind. Eine effiziente und sorgfältige Liquiditätsplanung ist für jedes Unternehmen wichtig. Ohne die nötige Liquidität ist ein Unternehmen nicht zahlungsfähig. Das beste Produkt und die besten Verkaufszahlen nützen einem Unternehmen wenig, wenn der Zahlungseingang nicht oder zu spät erfolgt.
Maßgeblichen Einfluss auf Liquiditätsplanung haben die abfließenden und zufließenden Zahlungsströme. Zu den Zahlungsabflüssen gehören die laufenden Auszahlungen des Unternehmens beispielsweise für das Personal, den Wareneinkauf und Fremdleistungen sowie Abgaben und Steuern. Darüber hinaus führen Investitionen, zum Beispiel in eine neue Produktionsanlage, zu einem Mittelabfluss. Da es sich für den Unternehmer hierbei um eine längerfristige größere Entscheidung handelt, spricht man oft auch von einem singulären Finanzierungsereignis. Zu den Zahlungseingängen gehören Einnahmen aus dem Verkauf von Waren und Dienstleistungen, aus der Veräußerung von Anlagevermögen oder auch Steuerrückerstattungen. Eine kurzfristige Liquiditätsplanung sollte zumindest quartalsweise, besser jedoch monatlich durchgeführt werden. Darüber hinaus sollten mittelfristige Pläne für einen Zeitraum von mindestens drei Jahren aufgestellt werden. Bei der Erstellung des Liquiditätsplans sind folgende Dinge zu beachten:
- Liquiditätsplan kontinuierlich erarbeiten, am besten rollierend für zwölf Monate im Voraus
- auf Vollständigkeit der Daten achten
- von realistischen Größen ausgehen
- Daten so aufbereiten, dass wesentliche Ergebnisse sofort erkennbar sind
Aus dem Liquiditätsplan kann der Unternehmer Erkenntnisse für mögliche Liquiditätslücken in der Zukunft gewinnen. Mit dem Liquiditätsplan verschaffen Sie sich einen laufenden Überblick über die zu erwartenden Eingänge und Ausgänge von Zahlungsmitteln und Ihren sich daraus ergebenden Liquiditätsstatus.
Beispielhafte monatliche Liqiditätsplanung
Zur Auswertung des Liquiditätsplans müssen die Plandaten des abgelaufenen Monats mit den Ist-Daten abgeglichen werden. Falls Abweichungen zu den Planzahlen auftreten, sollten die Gründe hierfür ermittelt werden. Die Ergebnisse dieser Analyse werden in die laufende Planung einbezogen. Unter Umständen müssen mittelfristige Pläne angepasst werden. Wichtig ist, dass bei langfristig planbaren Ein- und Auszahlungen stets die Fristenkongruenz der Liquiditätszuflüsse und -abflüsse gewahrt ist. Bei Liquiditätsengpässen ist die Liquiditätsplanung eine wichtige Grundlage für das Gespräch mit der Hausbank.
Sichern Sie den langfristigen Erfolg Ihres Unternehmens: Stellen Sie sicher, dass zu jedem Zeitpunkt die verfügbaren Mittel zur Bezahlung der notwendigen Ausgaben ausreichen. Verankern Sie Ihre Liquiditätssteuerung als geschäftspolitisches Ziel.
Liquiditätsschwankungen
In vielen Unternehmen sind Liquiditätsschwankungen verbreitet. Im Rahmen des normalen Geschäftsprozesses ist dies üblich und für das Unternehmen in der Regel nicht bedenklich. Bei sehr starken und außergewöhnlichen Schwankungen können diese jedoch mit verschiedenen Maßnahmen reduziert werden.
Liquiditätsüberschüsse sollten Sie entsprechend Ihrer Rendite- und Risikoerwartung anlegen. Dabei sollten Sie kurzfristige Überschüsse nach Möglichkeit so anlegen, dass sie bei Bedarf schnell wieder zur Verfügung stehen.
Ergibt sich aus der Liquiditätsplanung, dass dem Unternehmen ein vorübergehender oder längerfristiger Liquiditätsengpass droht, muss das Management des Unternehmens sofort handeln. Mit folgenden Maßnahmen kann das Management kurzfristigen Liquiditätsproblemen entgegensteuern:
- nicht unmittelbar notwendige Investitionen verschieben
- Lieferantenziele ausschöpfen bzw. verlängern
- schnellerer Zahlungseingang durch strafferes Forderungsmanagement
- Verkauf von Forderungen aus Lieferungen und Leistungen (Factoring Factoring)
- Festgelder kurzfristig auflösen
- bestehende Kreditlinien ausnutzen oder neue kurzfristige Kredite aufnehmen Entnahmen reduzieren
- Miete oder Leasing als Alternative zum Kauf bei Neu- und Ersatzinvestitionen
Zu beachten ist, dass manche Aktivitäten nur zeitverzögert wirken und auch zusätzliche Kosten produzieren können. Bei längerfristigen strukturellen Engpässen reichen diese Maßnahmen nicht mehr aus. Dann müssen strukturelle Maßnahmen wie Einsparungen beispielsweise im Beschaffungswesen, in der Produktion und beim Personal sowie zusätzliche Einnahmequellen oder (zusätzliche) langfristige Finanzierungen in Betracht gezogen werden.
Bilanzdaten analysieren
Die Bilanz ist die Gegenüberstellung von Vermögen und Schulden. Sie spiegelt die Finanzstruktur eines Unternehmens wider. Die Passivseite ist die Finanzierungsseite und zeigt das vorhandene Kapital und dessen Herkunft. Die Aktivseite gibt an, wofür das Kapital verwendet wurde. Sie unterteilt das Vermögen nach der Schnelligkeit, mit der es liquidierbar ist. Die Darstellung auf Seite 9 zeigt die Grundstruktur einer Bilanz. Zur Beurteilung der finanziellen Lage können auch betriebswirtschaftliche Kennzahlen auf der Grundlage von Bilanzdaten erhoben werden.
Diese Kennzahlen sollten Sie in jedem Fall kennen:
Eigenkapitalquote
Die Eigenkapitalquote ist die Maßzahl für die Eigenkapitalstärke eines Unternehmens, die als Verhältnis des Eigenkapitals Eigenkapitals zum Gesamtkapital berechnet wird.
Die Unternehmen in Deutschland haben ihre Eigenkapitalquote seit dem Jahr 2000 nahezu stetig erhöht, im Jahr 2016 blieb die Quote mit durchschnittlich 29,9 % gegenüber dem Vorjahr stabil. Nach wie vor ist die Eigenkapitalquote kleiner Unternehmen geringer als die von Großunternehmen.
Wesentliche Motive für die gezielte Erhöhung der Eigenkapitalquote über die Jahre waren zum einen die Diskussion und dann die Einführung der regulatorischen Vorgaben für Banken im Zuge von Basel II und Basel III – je besser die Eigenkapitalquote und damit die Bonität des Kreditnehmers, desto geringer die Kapitalunterlegungspflicht der Bank und desto günstiger die Konditionen für den Kunden,– zum anderen die Erfahrung der Unternehmen, dass eine stärkere Eigenkapitaldecke in konjunkturellen Schwächephasen mehr Stabilität und grundsätzlich mehr Unabhängigkeit bietet.
Cashflow
Der Cashflow ist der Betrag, der einem Unternehmen als Überschuss aller Zahlungsmittelzuflüsse abzüglich der -abflüsse in einer Periode verbleibt.
Mit dem Cashflow lässt sich die Fähigkeit des Unternehmens ausdrücken, aus dem operativen Geschäft heraus Liquidität zu erzielen. Ziel sollte es sein, mindestens Ersatzinvestitionen, Steuerverpflichtungen sowie gegebenenfalls Zinsund Tilgung aus dem Cashflow zu finanzieren. Langfristig muss der Cashflow auch zu Wachstumsinvestitionen beitragen können. Ergeben sich im Verhältnis zum Umsatz oder zur Bilanzsumme geringe Werte, deutet dies auf eine angespannte Liquiditätslage hin. Typisch für Unternehmenskrisen ist ein sinkender Cashflow bei steigenden Verbindlichkeiten.
Liquiditätsgrade
Die einfachste Form der Liquiditätsanalyse geht davon aus, dass immer so viel Liquidität vorhanden sein muss, wie fällige Forderungen von Schuldnern zu bedienen sind. Die flüssigen Mittel sollten daher in der Regel die kurzfristigen Verbindlichkeiten des Unternehmens mindestens decken, besser jedoch übertreffen. Die Liquidität sollte also gleich oder größer gleich 100 % sein. In der Praxis werden häufig drei Liquiditätsgrade unterschieden, die eine differenzierte Betrachtung erlauben.
Liquidität 1. Grades (Barliquidität, kurzfristig):
Die Liquidität 1. Grades stellt die unmittelbar liquiden Mittel den kurzfristigen Verbindlichkeiten gegenüber. Die Liquidität 1. Grades muss nicht 100 % betragen, da insbesondere Forderungen aus Lieferungen und Leistungen sowie Teile des Vorratsvermögens zur Begleichung der kurzfristigen Verbindlichkeiten herangezogen werden können.
Liquidität 2. Grades (einzugsbedingte Liquidität, kurzfristig):
Die Liquidität 2. und 3. Grades ermittelt, ob genügend kurzfristig gebundenes Vermögen vorhanden ist, das bei Bedarf schnell in Liquidität umgesetzt werden kann. Bei der Liquidität 2. Grades sind dies vor allem kurzfristige Forderungen an Kunden, da diese dem Unternehmen in Kürze als liquide Mittel zufließen. Die Liquidität 2. Grades sollte die kurzfristigen Verbindlichkeiten vollständig decken und daher bei 100 % oder höher liegen.
Liquidität 3. Grades (umsatzbedingte Liquidität, mittelfristig):
Bei der Liquidität 3. Grades werden die liquiden Mittel um die kurzfristigen Forderungen und die Vorräte ergänzt und mit den kurzfristigen Verbindlichkeiten ins Verhältnis gesetzt. Sie sollte deutlich über 100 % liegen. Liegt sie unter 100 %, bedeutet das, dass ein Teil des langfristigen Anlagevermögens kurzfristig finanziert ist. Dies verstößt gegen die „goldene Bilanzregel“, die für das Anlagevermögen eine entsprechend langfristige Finanzierung verlangt. Ein Wert über 150% deutet hingegen auf eine überhöhte Lagerhaltung hin. Je nach Branche und Unternehmen kann dieser Richtwert unterschiedlich sein.
Eine sichere Aussage zur Liquiditätsentwicklung eines Unternehmens kann mit dieser Kennzahl, wie auch mit allen anderen Liquiditätskennzahlen, nicht getroffen werden, da hierfür auch noch nicht bilanzierte zukünftige Zahlungsströme ausschlaggebend sind.
Working Capital
Das Working Capital ergibt sich aus der Differenz von Umlaufvermögen und kurzfristigen Verbindlichkeiten. In der Regel werden nur die Teile des Umlaufvermögens erfasst, die Kapital für die betriebliche Wertschöpfung binden. Zur Veranschaulichung ist das Working Capital innerhalb der Bilanz in der nachfolgenden Abbildung dargestellt.
Bei der Liquidität 1. Grades („Barliquidität“) wissen Sie in der Regel sehr genau, „wie viel Geld in der Kasse ist“. Schon bei der Liquidität 2. und 3. Grades kommen einige Unsicherheitsfaktoren hinzu, da Sie nicht immer genau wissen, ob beispielsweise kurzfristige Forderungen von den Kunden pünktlich beglichen werden oder in einzelnen Fällen uneinbringlich sind. Sie sollten dies in Ihrer Kalkulation berücksichtigen und gegebenenfalls einen entsprechenden „Risikopuffer“ einbauen.
Das Working Capital sollte in einem Unternehmen größer null sein. Ein positives Ergebnis bedeutet, dass das gesamte Anlagevermögen und ein Teil des Umlaufvermögens mit langfristig zur Verfügung stehenden Mitteln finanziert wurden. Ist das Ergebnis dagegen negativ, so ist das Umlaufvermögen nicht ausreichend, um die gesamten kurzfristigen Verbindlichkeiten zu decken. Ein Teil des Anlagevermögens ist damit kurzfristig finanziert. Das Unternehmen kann somit schnell in Liquiditätsschwierigkeiten geraten.
Vereinfacht kann gesagt werden, je höher das Working Capital ist, desto gesicherter sind die Liquidität und damit auch die Beweglichkeit des Unternehmens. Es muss jedoch beachtet werden, dass ein zu hohes Working Capital auf eine zu hohe Bindung von kurzfristigem Vermögen im Unternehmen hindeuten kann. Dies kann sich negativ auf die Eigenkapitalrentabilität auswirken. In diesem Spannungsfeld bewegt sich das Working Capital Management.