Zielke: Mittelständler müssen einfacher an Staatshilfe kommen
Zielke: Mittelständler müssen einfacher an Staatshilfe kommen
Die Auflagen bei staatlichen Eigenkapitalhilfen in der Coronakrise haben auf viele Firmen eine abschreckende Wirkung. Sie sollten gelockert werden.
Gastbeitrag im Handelsblatt von Bankenpräsident Martin Zielke, 15. Juni 2020
Mit der Einigung auf ein umfangreiches Konjunkturpaket hat die Bundesregierung in der vergangenen Woche unter Beweis gestellt, dass sie dem massiven Wirtschaftseinbruch auf allen Ebenen begegnen will. Die Beschlüsse sind ausgewogen, mutig und greifen verschiedene Facetten der Krise auf. Doch diese Krise ist anders als bisherige – sie hat nicht nur jeder einzelnen Volkswirtschaft und vielen Branchen massive Schläge zugesetzt, sondern auch das eingespielte Netz globaler Lieferketten teilweise durchschnitten. Und solange wir keine verlässliche Lösung für den Umgang mit der Pandemie finden, könnte die anhaltende Unsicherheit eine kräftige Wiederbelebung der Wirtschaft blockieren. Dies alles zeigt: Es gibt nicht die eine Antwort auf die Krise, wir benötigen viele Antworten.
Deutlich wird dies an der Situation der Unternehmen in Deutschland. Die Bundesregierung hat schnell und entschlossen gehandelt. Mit Beginn des Lock-Downs hat sie gigantische Summen mobilisiert, um der deutschen Wirtschaft dringend benötigte Liquidität zur Verfügung zu stellen. Dieses Geld stand und steht in Form von Krediten zur Verfügung, die von der KfW abgesichert werden; Kleinstunternehmen und Soloselbständige können direkte Zuschüsse beantragen. Es waren die richtigen Maßnahmen zur richtigen Zeit. Doch die unvermeidbare Kehrseite ist, dass mit diesen Krediten zugleich die Verschuldung der Unternehmen steigt. Auch wenn eine Mehrzahl der Firmen dank einer inzwischen wieder besseren Auftragslage aus der Krise herauswachsen dürfte, werden viele andere noch sehr lange unter geringen Umsätzen zu leiden haben.
Einige Bausteine fehlen noch
Mit anderen Worten: Auch gesunde Unternehmen verlieren über Zeit wichtiges Eigenkapital. Das kann ihren Handlungsspielraum für notwendige Investitionen einschränken, die sie in der konjunkturellen Erholungsphase dringend benötigen.
Was also ist jetzt zu tun? Wie kann Eigenkapital in den Unternehmen geschützt und wieder aufgebaut werden? Um den Fortbestand von Unternehmen überhaupt erst einmal zu sichern, hat die Bundesregierung den Wirtschaftsstabilisierungsfonds (WSF) geschaffen, der mit Garantien und Rekapitalisierungsmaßnahmen einspringen kann. Der WSF ist ein gutes und ein notwendiges Instrument. Er müsste aber noch um einen Baustein ergänzt werden, der stärker die Bedürfnisse der weniger großen Unternehmen, speziell des Mittelstands berücksichtigt.
Um diesen Besonderheiten gerecht zu werden und obendrein eine schnelle Bearbeitung der Anträge zu ermöglichen, sollte der WSF ein standardisiertes Programm für börsennotierte und für nicht-börsennotierte Gesellschaften anbieten. Für Letztere ist wichtig, dass sie rasch Zugang zu Nachrangkapital erhalten. Mindestens genauso wichtig ist aber, dass sie dieses Kapital in der Aufschwungsphase möglichst schnell wieder ablösen können. Denn allen Beteiligten ist klar: Staatliche Eigenkapitalhilfen sind eine temporäre Ausnahmeleistung in einer Ausnahmesituation. Speziell die mittelständischen Unternehmen betreten hier ein ungewohntes Terrain, sind doch die Kapitalhilfen derzeit mit Auflagen versehen, die mehr oder weniger tief in die unternehmerische Freiheit eingreifen können.
Staatliche Hilfe ist kein Investment
Gerade für viele mittelständische Eigentümer geführte Unternehmen hat dies eine abschreckende Wirkung. Deshalb sollten die Auflagen so gering ausfallen, wie es das Beihilferecht eben zulässt. Je früher die Kapitalhilfen das Unternehmen erreichen, umso erfolgreicher können sie die Krise meistern und dadurch übrigens auch den Steuerzahler entlasten.
Wichtig ist, dass der Kreis der Berechtigten möglichst breit gefasst wird. Dabei ist es von entscheidender Bedeutung, dass der Einstieg in das Hilfsprogramm mit geringen Auflagen versehen ist. Über Zeit sollten diese dann zunehmen, um einen Anreiz zu schaffen, staatliche durch private Mittel zu ersetzen. Da es sich um ein staatliches Hilfsprogramm handelt, sollte es zudem nicht als ein Investment verstanden werden, mit dem eine Rendite erzielt werden soll.
Bei den Eigenkapitalhilfen geht es in erster Linie um Stabilisierung. Und in zweiter Linie darum, den Unternehmen den nötigen Spielraum für Investitionen in der Phase des Wiederaufschwungs zu verschaffen. Dann haben sie die Chance, gestärkt aus der Krise hervorzugehen. In den nächsten Wochen und Monaten werden viele Unternehmen in das Geschäftsmodell der Zukunft investieren müssen. Es ist in unser aller Interesse, dass sie dazu die Möglichkeit haben.