Soziale und menschenrechtliche Aspekte von Nachhaltigkeit – ein Thema für Kreditinstitute!
In der Diskussion zu Sustainable Finance stehen derzeit vor allem die Klimaschutzziele im Mittelpunkt. Doch von den drei Buchstaben „E-S-G“, die inzwischen als gebräuchliche Abkürzung für Nachhaltigkeit in den Bereichen „Environment, Social and Governance“ genutzt werden, gewinnt zunehmend auch das „S“ an Bedeutung. Was heißt das für Kreditinstitute?
EU bringt eine soziale Taxonomie auf den Weg
Derzeit ergänzt die Europäische Union ihren Klassifikationsrahmen für ökologisch nachhaltiges Wirtschaften, die sogenannte Taxonomie. Die EU-Kommission hat bereits 2018 verdeutlicht, dass soziale Faktoren in diesem Zusammenhang ebenso wichtig seien wie Umweltthemen und erarbeitet daher nun aller Voraussicht nach auch eine „soziale Taxonomie“. Ähnlich wie bei der grünen Taxonomie soll es darum gehen wirtschaftliche Aktivitäten einzuordnen, nun aber hinsichtlich der Frage, inwieweit sie einen „social impact“ haben und damit in den neuen Klassifikationsrahmen fallen.
Horizontale und vertikale Dimension der sozialen Taxonomie
Um das Themenfeld zu strukturieren und einzuordnen, welche wirtschaftliche Tätigkeit als „sozial“ gelten kann, fokussiert die neue Taxonomie auf zwei Ansätze: Erstens, welche Unternehmensprodukte tragen zu besseren Lebensbedingungen bei – etwa wenn es um Gesundheit oder Bildung in strukturschwachen Regionen und für benachteiligte Bevölkerungsgruppen geht (vertikale Dimension). Die zweite Dimension betrifft insbesondere menschenrechtliche Sorgfaltspflichten, denen Unternehmen nachkommen sollen (horizontale Dimension).
Erwartungen an eine soziale Taxonomie
Ob für „grün“ oder für „sozial“ – Unternehmen und Kreditinstitute brauchen ein konsistentes Rahmenwerk. Daher sollte es auch bei der Sozialtaxonomie Ziel sein, eine gemeinsame Sprache zu entwickeln und Anreize zu setzen, damit sich Unternehmen in besonderem Maße der sozialen Themen annehmen. Gleichzeitig müssen soziale und grüne Taxonomie konsistent aufeinander abgestimmt sein. Zumindest erste Überschneidungen mit der horizontalen Dimension der sozialen Taxonomie gibt es bereits – in Form der UN-Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte.
Das „Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz“
Nach langen Diskussionen hat die Bundesregierung inzwischen das sogenannte Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz auf den Weg gebracht. Auch für dieses Gesetz bilden die erwähnten UN-Leitprinzipien eine wichtige Referenz. Ziel des Gesetzes ist, dass Unternehmen mehr Verantwortung in der Liefer- und Wertschöpfungskette übernehmen und so zu mehr gesamtwirtschaftlicher Nachhaltigkeit beitragen. Ob das funktioniert und wie sich das konkret auf den Unternehmensalltag auswirkt, ist noch nicht in Gänze abschätzbar. Auch bezüglich des Anwendungsbereichs gibt es noch offene Fragen. So sind natürlich auch Banken vom Gesetz betroffen; allerdings geht das Gesetz auf die Regulatorik für die Kreditwirtschaft nicht explizit ein.
Aktivitäten der privaten Banken und Ausblick
Für einen zukunftsorientierten Finanzsektor sind die sozialen und menschenrechtlichen Aspekte der Nachhaltigkeit ein zentrales Thema. Die privaten Banken bauen alle relevanten Nachhaltigkeitsthemen Stück für Stück in ihr Kerngeschäft ein. „Social Impact Banking“, sozialer Ausgleich, Förderung der Menschenrechte und nachhaltige Unternehmensführung sind hierbei schon heute wichtige Aspekte. Risiken zu steuern gehört zum Kerngeschäft der Banken. Dies kann und wird zunehmend auch Nachhaltigkeitsrisiken aufgrund von sozialen Aspekten umfassen, die es künftig stärker einzubeziehen gilt.
31. August: Webinar zu menschenrechtlichen Sorgfaltspflichten
Das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz wirft ein Schlaglicht auf die menschenrechtliche Verantwortung von Kreditinstituten. Das Gesetz kann unter bestimmten Voraussetzungen Bindewirkung für die Kreditwirtschaft entfalten. Daher sollten sich Institute frühzeitig mit den zugrundeliegenden Prinzipien und Ansätzen, wie etwa den erwähnten UN-Prinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte, befassen.
Am 31. August 2021 bietet die Bankenakademie ein Webinar an. Es bietet u.a. einen Überblick über regulatorische Initiativen mit Bezug zu menschenrechtlichen Sorgfaltspflichten, einen Einblick in die Umsetzung von Sorgfaltspflichten durch Kreditinstitute sowie eine Folgenabschätzung des Lieferkettensorgfaltspflichtengesetzes. Ein Praxisbeitrag eines Kreditinstituts rundet die Veranstaltung ab.
Programm und Anmeldung zum Webinar finden Sie hier, inhaltlich weiterführende Informationen zum Positionspapier des Bankenverbandes zu Sustainable Finance hier.